"Ich war noch nicht überall, aber es steht auf meiner Liste"
 "Ich war noch nicht überall, aber es steht auf meiner Liste"

Nordgriechenland - Mai 2017

 

Es ist an der Zeit: Alles juckt und beißt und das nicht nur wegen der vielen aggressiven Pollen, die zurzeit in Regensburg herumschwirren - ich will einfach wieder weg. Schnell noch bei Conny und Tobias vorbeigeschaut und 8 Stunden später checke ich bei Ivan in Starigrad ein (Camping Jaz: 44.283304 - 15.460407).

 

Jetzt ist klar: die beste, preiswerteste und schnellste Route führt über Villach, Triest, dann 35 Kilometer Landstraße bis zur Autobahn nach Illirska Bistrica. Die endet nahe der Brücke nach Krk und dann sind's nur noch 160 Kilometer. Nur das letzte Stück ab Karlobag, das zieht sich.

 

Im Camp bin ich allein, später beschert mir ein Ösi-WOMO ein wenig Live-Kino: Der Fahrer, älterer Herr aus dem Süden Österreichs, zerstört beim Versuch sein Gerät gerade auszurichten den Fressnapf seines Hundes, ramponiert die Verkleidungs-Schürze seines Gefährts, schmeißt die Ausgleichskeile in die Prärie und beschimpft zum Schluss lautstark seine Frau, die er verantwortlich für seine offensichtliche Unfähigkeit macht – nur das Schlagen des Hundes hat er vergessen. Wie im Slapstick-Kino.

 

Starigrad erwacht langsam in die neue Saison, die Menschen wirken freundlich und entspannt, nicht viel scheint sich verändert zu haben, seit ich das letzte Mal da war. Dinko filetiert immer noch in Hochgeschwindigkeit die Doraden auf den Fischplatten der Gäste in seinem „Buffet Paklenica“. Ivan hat nichts modernisiert oder verändert auf seinem Platz, bekannte Gesichter patrouillieren frühmorgens zu den Badeplätzen und kehren abends gerötet zurück und Ebbe und Flut wechseln wie eh und je.

 

Zeit, das neue E-Bike zu testen: Die 1000 Höhenmeter rauf nach Veliko Rujno sind ein Genuss! Was hab‘ ich mich früher da rauf gequält, jetzt kann ich die Intensität meiner „Qualen“ steuern, ich schalte auf „Sport“ und „fliege“ fast hinauf. Das war auch das letzte Mal, denn am nächsten Tag packt mich eine verschleppte Sommergrippe mit Husten und Schnupfen und dämpft meine Aktionen. Lesen, dahindämmern, in der Sonne brutzeln, kurz ins Meer eintauchen (mehr ist nicht drin bei knappen 16 ° Wassertemperatur), Essen gehen und das Ganze von vorne. Aber entscheidend bessert sich mein Zustand nicht.

 

So vergeht eine Woche wie im Flug, bis ich am Freitag aufbreche nach Peljesac, meiner nächsten Station. Die Autobahn spuckt mich direkt ins Neretva-Tal aus. Überall sind die Obst- und Gemüsestände schon aufgebaut, wenn auch die Tomaten verdächtig nach Holland-Ware aussehen. Außer Kirschen und Erdbeeren sollte es eigentlich nichts geben?

 

Kurz vor Neum, dem bosnisch-herzegowischen Meereskorridor, erhasche ich einen Blick in die Bucht von Brijesta mit den Muschelbänken und der angefangenen Brücke über den Meeresarm. Dass man auf dem Weg nach Dubrovnik den Staat „Bihac“ (Bosnien-Herzegowina) auf 10 Kilometern durchqueren muss, mit Pass- und Zollkontrolle, ist den meisten Kroaten ein Gräuel. „Ein zusammenhängendes Kroatien oder eine autonome Republik Dubrovnik“, so hört man es öfters.

 

Es ist nichts los an der Grenze, deswegen dauert es auch länger, weil sich die Beamten scheinbar langweilen und Dienst nach Vorschrift machen, sehr „zur Freude“ der meist kroatischen Autofahrer. Da steckt schon eine Menge Pulver drin. Neum bietet nur eine Betonkulisse aus verschachtelten Hotel- und Pensionsgebäuden, in den Hang geklotzt, seelenlose Bettenburgen – ein Relikt aus der Zeit, als die Partei-Bonzen der Tito-Ära unter ihresgleichen Urlaub machten.

 

Aber dann kommt gleich die Abzweigung nach Peljesac, Ston mit seiner mittelalterlichen Wehranlage wird passiert, und hinab geht’s nach Brijesta, wo die Zeit stehengeblieben ist. Einen besseren Platz zum Entschleunigen gibt’s nicht so leicht in Kroatien. Kein Durchgangsverkehr, kein Lärm, nur schweigende Miesmuschel- und Austernbänke. Die Vögel singen ungestört, abends ab und zu ein „Cuk“, eine Zwergeule und, wenn man Glück hat, hört man leise jaulende, wilde Schakale, die es nur hier auf Peljesac gibt.

 

Nette Menschen haben sich hier eingenistet, manche bleiben monatelang und der Wechsel im Autocamp Vrela/Zakano  geschieht geräuschlos und spärlich, wie gesagt, fast eine "vergessene Welt".

 

Dominik, der Verwalter mit eigener Pension im 60 Kilometer entfernten Dubrovnik, die seine Frau managt, verbringt seine Zeit von März bis November hier, pflegt seine Mandarinen und keltert seinen eigenen Wein. „No country for alcoholics!“! Bevor man irgendwas auspacken kann, muss man seinen Wein probieren und danach geht nicht mehr viel. Dominik kocht auch auf Bestellung, freitags gab’s aus der „Peka“, einem Schmortopf ähnlich unserem „Römertopf“ aus Ton, verschiedene Fleischsorten mit Gemüse, gestern Doraden und heute ist Fasttag!

 

Das Klima ist hier so mild, dass man auch Oktober/November noch vorbeischauen könnte. Nachschauen unter: https://www.brijesta-dubrovnik.camp

 

Einige Tourmöglichkeiten:

 

Per E-Bike:

 

Vom Camp Richtung Drace, an der Hauptstraße links Richtung Ston, vor Dubrava nach Zuljana, weiter über Trstenik nach Dingac und durch den 400 Meter langen Tunnel nach Potomje. Von dort zurück über Janjina und Drace. Gut 60 Kilometer und schlichtweg traumhaft.

 

Von Brijesta 20 Kilometer nach Prapratno zur Fähre auf die Insel Mljet, dort entweder nach rechts in den Nationalpark, immer die Augen offenhalten, um vielleicht die Nymphe Calypso zu erblicken, die Odysseus 7 Jahre in ihren Bann gezogen hat. Dort gibt’s auch die zwei durch einen Kanal mit dem Meer verbundenen Seen (Mali Jezero, Veli Jezero mit der Klosterinsel Sv. Marija), oder links nach Korita mit seiner Sandbucht Saplunara. Auf jeden Fall immer den Akku checken, die Insel ist fast 50 km lang und nach der Fähre hat man noch 16 km bergauf zurück, bevor man nach Brijesta hinunterkurven kann.

 

Per Pedes:

 

Nach Orebic zum westlich gelegenen Franziskanerkloster und von dort in 4 Stunden auf den fast 1000 Meter hohen Sveti Ilija, „Monte vipera“ auf Italienisch, also Vorsicht! Eine Traumaussicht belohnt die schweißtreibende Tour.

 

Mein weiterer Weg ist inzwischen auch klar: an der Küste entlang durch Montenegro, über die albanische Grenze bei Sukobin, durch Tirana zum Ohrid- und Prespa-See in Nordgriechenland. Start: Freitag, 26.05.2017, denn am 3. Juni um 21:00 Uhr muss ich am Flughafen von Tessaloniki sein!

Bilder von Starigrad/Paklenica

Auf Peljesac

auf nach Hellas ...

Überquerung der Bucht von Kotor - Montenegro

Zwei Wochen erholt und immer noch nicht fit: Ist es noch die Sommergrippe mit Reizhusten, eine Allergie gegen Tamarisken, vielleicht sogar beides, oder verschlechtert sich meine Lunge generell? –  es nervt mich. Weiter! Schneller Abschied von Uwe und Maggie, Josef und Domenico und nach 30 Kilometern bin ich auf der Hauptstraße nach Dubrovnik.

 

Es folgt wohl der schönste Abschnitt der Magistrale mit ständigen Ausblicken auf die Elaphiten-Inseln und dann natürlich der Blick von oben auf Dubrovnik, belagert von drei riesigen Kreuzfahrtschiffen. Ein letztes Mal tanken bei der Abzweigung nach Molunat, dann eine halbe Stunde stehen an der Grenze und hinein nach Montenegro.

 

Dieses Mal kein Trubel, alles noch ruhig, die Küste ist wirklich pittoresk, trotz vieler Bausünden. Nach Stari Bar beginnt die enge Straße zur albanischen Grenze bei Sukobin. Nur 15 Minuten und ich bin „drin“, in Albanien, finde mich schnell durch Shkoder nach Buchat und Bushalla zum Camp Albania (41.923864 - 19.542197). Alles wie früher, Übernachtung 6 Euro, Vier-Gänge-Menü mit Wein: 12 Euro. Ich bin erschlagen. (Camp scheint nicht mehr zu existieren!)

 

Die Gockel wecken mich früh und auf geht’s zum Ohrid-See. Aber erst durch das Nadelöhr Tirana. Hier wartet das letzte ultimative Abenteuer für Autofahrer auf mich: ständige Rundumsicht erforderlich, weil Autos, Busse, Lastwagen, Mopeds, Eselkarren und Fußgänger von allen Seiten kommen. Dazu fehlt ab und an ein Gully-Deckel – eine Stunde höchster Konzentration ist angesagt.

 

Weiter ostwärts, neben der noch geschlossenen Autobahn auf den Pass, dann auf der neuen, kostenlosen Autobahn bis Elbasan, am Fluss Shkumbinit entlang über Librazhd, Perrenjas über einen weiteren Pass und hinunter auf breiter Straße zum Ohrid-See. Einige kleine Campingplätze bieten sich an, allein das Wetter ist nicht gut und der See lockt mich irgendwie nicht. Also Pogradec durchquert nach Korce und scharf links über Bilishti zur griechischen Grenze. Nach 30 Kilometern und weniger als 6 Stunden Fahrt bin ich in Griechenland. Vorher wurde das WOMO noch durch einen Hund gecheckt, nehme mal an wegen Rauschgift, und die griechische Zöllnerin sucht nach meiner Begleitung: Einzelreisende im WOMO stehen nicht auf ihrem Programm.

Blick über den Prespa See nach Albanien

Wenn ich schon am Dreiländereck von Albanien, Griechenland und Makedonien bin, dann fahre ich doch noch die 90 Kilometer zum Prespa-See! Über 50 Pelikane schweben über mir auf dem Weg zu ihren Rastplätzen, gewaltig, mit Flügelspannweiten von über zwei Metern.

 

Psarades, am Ende der Straße, schläft noch, aber ich weiß, morgen, am Sonntag, kommen die Busse und kapern die Motorboote, die sie zu den bequem über das Wasser zugänglichen Höhlenkirchen und Eremitagen schippern. Es wird kalt und der Himmel färbt sich immer dunkler; die Aussichten für die nächsten Tage sind ebenfalls mies, also weiter über den Pisoderion-Pass, an Florina vorbei zum Stellplatz bei Pandeleimondas am Vegoritida-See (40.722388, 21.751791) oder direkt am Wasser (40.724246 - 21.753418). Und die Uhr um eine Stunde vorstellen!

 

Hier ist noch touristisches Niemandsland, reine Agrargegend mit Kirsch- und Pfirsichbäumen und gnadenloser Pestizidbewirtschaftung. Ich glaube im Sommer ist der See ein Geheimtyp, jetzt ist es mir noch zu frisch.

Meine Lieblingsbucht

In Edessa bewundere ich den Wasserfall, mitten in der Stadt, der abends wieder abgestellt wird und fahre gemütlich auf „leeren“ (Es ist Sonntag!) Straßen an Thessaloniki vorbei, teste das WOMO in einem Bachbett und quartiere mich am langen Sandstrand bei Psakoudia ein (40.255417 - 23.500883).

 

Aber eigentlich zieht es mich zur Azapiko Bucht auf Sithonia (40.010174 - 23.864491). Große „Concorde- und Hymer-Schlachtschiffe“ haben ihren Weg bis hierher auch gefunden und sich schon seit Wochen ausgebreitet. Ich warte, bis die ersten Gartenzwerge sprießen und das Gelände eingezäunt wird. Auch immer mehr Bulgaren finden diesen Zufluchtsort und in ein paar Jahren werden sich auch hier „Stabilimenti Balneari“ (= Badeanstalten mit Schirmen, Liegen, Getränken und lauter Musik) ausbreiten, wie in ganz Nordgriechenland zu beobachten ist. Ob sich die doch nicht unerheblichen Investitionskosten für die Betreiber rechnen, steht auf einem anderen Blatt. Ich genieße jedenfalls noch den Freiraum, den man in dieser weiten Bucht hat, bis Donnerstag, den 1. Juni.

Wadenbiss

An diesem Tag beißt mich ein großer, schwarzer, halbwilder Hund beim Biken in die linke Wade – und nichts ist mehr, wie es vorher war. Ich erwische ihn zwar noch mit der Faust an der Schnauze, so dass er nicht voll zubeißen kann, aber die Zähne des Oberkiefers reißen und quetschen tiefe Löcher. Desinfektionsspray hab‘ ich dabei, und in Neas Marmaras bekomme ich eine Tetanus-Spritze und Antibiotika. Ich bin guter Dinge, weil ich noch nicht weiß, was da alles auf mich zu kommt.

Brücke bei Kipis

Zwei Tage Erholung, dann gable ich meine Begleiterin am Makedonia Airport in Thessaloniki auf, und wir machen einen weiten Schlag nach Nord-Westen über Ioannina, am völlig überdüngten Pambotis See entlang ins Pindos-Gebirge zu den Zagoria-Dörfern.

 

Eine ganze Woche genießen wir glasklare Bäche, die tiefste Schlucht der Welt (Vikos-Schlucht), alte Steinbrücken, Ruhe und wenig Touristen. Eine wunderbare Gegend! Wir finden versteckte Pfade zu traumhaften Aussichtspunkten, begehen Schulzens „Zitterpfad“ am Kloster Ag. Paraskevi bei Monodendri (Indiana Jones hätte seine wahre Freude an uns), nächtigen in Vikos neben der Kirche (39.951950 - 20.706856) mit grandiosem Ausblick und Gartenschlauch-Dusche im Friedhof und wandern bergab in die Vikos-Schlucht und bei brütender Hitze wieder bergauf – fabelhaft!

Vikos-Schlucht

Stellplätze in Hülle und Fülle, wie beispielsweise an der alten Brücke bei Kleidonia (39.968158, 20.661139), dort, wo der Fluss Voidomatis sein Schluchten-Dasein beendet, oder bei der alten Brücke von Konitsa über den Fluss Aoos (40.036992 - 20.744981), links- und rechtsseitig. Von beiden Plätzen kann man an den Bächen entlang wandern, zum aufgegebenen Kloster Moni Agion am Voidomatis, oder zum wieder aufgebauten Kloster Moni Panagius Stomiou am Aoos-River.

 

Eine Fahrt quer durchs Pindos-Gebirge von Konitsa über Elefthero, Vrisochori (dort sehen wir sekundenlang eine richtige Wildkatze mit buschigem Schwanz, zum ersten Mal!), über den Aoos nach Skamnelli und über Kipi zurück. Was für Straßen, welche Einsamkeit!

Ade Tymfi- und Smolikas-Massiv, auf nach Kastoria durch Gewitterregen und Hagel. Die Stadt, wunderschön gelegen, der Übernachtungsplatz: versperrt durch einen uneinsichtigen, querstehenden Holländer, der See: eutrophiert und eindeutig nicht zum Baden geeignet, also weiter zum Prespa-See am nächsten Tag.

Eremitage mit Kirche am Prespa See

Ein Parkplatz (40.750705 - 21.177544), mit pittoreskem Blick auf den Micra Limni Prespa verheißt nur Gutes und Platz zum Übernachten ist genügend beim Dorf Psarades (40.827156 - 21.031806), am Ende der Straße. Vorher aber noch ein Stopp in der Nähe von Agios Germanos, um Käfer- und Saubohnen zu kaufen („Gigantes“) und dem Insel-Dörfchen Agios Achilios einen Besuch abzustatten. Über eine Ponton-Brücke dauert es über 10 Minuten, bis man die Überreste der Basilika erreicht und nochmals eine Weile bis zum Aussichtspunkt am anderen Ende der Insel, wo sich – in der Nähe des Sees - auch die Überreste eines weiteren Klosters befinden.

 

In Psarades bietet sich sofort ein Motorboot Kapitän an, uns zu den Grotten-Kirchen und Eremitagen zu fahren. Ein kurzes Gespräch mit einem „UU“- Pärchen (aus Linz/Urfahr), sie packen ihre zwei Kinder und los geht’s.

 

Großer Sport: Pelikane aufscheuchen mit dem Boot: das sind vielleicht Flugobjekte! Über zwei Meter Flügel-Spannweite. Sie laufen übers Wasser und dann gleiten sie majestätisch dahin. Herrlich erfrischend der Fahrtwind, schweißtreibend dagegen der Aufstieg zu den zwei Grotten-Kirchen samt Eremitagen. Na ja, der See liegt 850 Meter hoch, also wird’s im Winter wohl auch ganz schön kalt werden. Eremiten leben jedenfalls keine mehr da – eine nette Abwechslung, diese Tour. Später, beim Abendessen im Lokal „Germanos“, erfahren wir, dass sich 11 Bootsbesitzer um diese Touren raufen, ist bei 40 € pro Fahrt für eine gute Stunde ja auch lohnend!

Vorsicht: Pelikane beim Abflug!

Es ist heiß am nächsten Tag, was uns nicht abhält, eine Wanderung zu einem Aussichtspunkt zu unternehmen und uns einer weiteren Grottenkirche von Land zu nähern. Wir sind allein und ich gönne mir ein Bad im warmen See, setz‘ mich auf einen Stein und werde mit einer Schlange konfrontiert, die mich wohl beim Schwimmen beobachtet hat und neugierig ist, was ich jetzt mache: ich bin feige und scheuche sie zurück ins Wasser. Wahrscheinlich eine ungiftige Würfelnatter; Kreuzottern und Vipern meiden Gewässer und diese Schlange ist beim „Verscheuchen“ richtig abgetaucht.

Ein "Stabilimento" mit Stil

Noch ist Zeit, weiter zum Vegoritis-See zu fahren, wo viele, viele Plätze bei Pandeleimona auf WOMOs warten. Ideal zum Grillen, wenn man es rechtzeitig vor dem Gewitter schafft, gut zum Kiten und Windsurfen. Und Wasser aus dem Schlauch gibt es auch im Überfluss, nur kaum Touristen.

 

Auf der Fahrt zurück statten wir Longa, dem antiken Edessa einen Besuch ab; auch ein magischer Ort, der auf weitere Grabungen wartet. Pella und Vergina lassen wir aus, um einen Grund zu haben, nochmals hierher zu kommen. Dafür gönnen wir uns - nach langer Fahrt – einen Erholungstag an meiner Lieblingsbucht auf Sithonia. Abends gibt’s fantastisches Essen in Toroni, Giuvetsi (geschmortes Rindfleisch mit Reisnudeln und gefüllten „Thrapsala“ (Illex Coindetti) bekommt man ja eher selten.

Das Meer vor der "Haustür"

Der Osten von Sithonia ist touristisch ebenso „gut“ entwickelt wie der Westen. Campingplätze und Hotels locken in die Buchten, die früher Ziel unsäglicher Freiheiten waren. Wenigstens jetzt, in der Vorsaison, ist noch überall Platz, um sich der Illusion hinzugeben: es habe sich nichts geändert. Aber die Griechen, vor allem im Norden, erkennen mehr und mehr, dass die Saison nicht nur aus den Monaten Juli und August besteht und dass man seine Klientel auch aus anderen, bisher vernachlässigten, weil nicht so potenten, Ländern abschöpfen kann.

 

Bulgaren, Rumänen, Serben, Russen und immer mehr Chinesen sind an den Stränden als Pauschaltouristen anzutreffen. Im WEB finden sich bulgarische Seiten, die von der Einzigartigkeit der Strände und Buchten schwärmen und damit auch mobile Urlauber anlocken. Erste "Caravan Friedhöfe" bilden sich, wie bereits seit langem in Italien und Kroatien, und die Anzahl der festen Jahresstellplätze minimiert die frei verfügbaren Parzellen und treibt die weitere Ausweisung neuer Areale voran. Geschlossene Feriensiedlungen entstehen an den schönsten Plätzen, und man kann nicht einmal was dagegen sagen, wenn die Menschen in diesen schwierigen Zeiten hier eine Erwerbsmöglichkeit entdecken. Zumindest wird der Bauboom verzögert: und Campingareale können leichter wieder aufgelassen werden, wenn der Boom endet. Und wer mag behaupten, dass es nicht so enden wird wie in Spanien oder – neuerdings – in der Türkei.

 

Man fühlt das Fehlen einer nachhaltigen Planung. Ein Beispiel: in Stavros, nicht weit weg vom antiken Stageira (Geburtsort von Aristoteles), treffen wir Elisabeth aus Nordgriechenland, die jahrelang in Inzell gearbeitet hat und zur Rente ein Haus mit Ferienwohnungen hier in Stavros erworben und ausgebaut hat. Sie erzählt, dass die Kommune den Hype befeuert, den Strand mit „Bagni“, also Badeanstalten mit Catering, vollzupflastern. Alle Grundstücks-Eigentümer im Abstand von 200 Metern zum Strand können sich bewerben, die anderen schauen in die Röhre. Vor zwei Jahren war der Strand auf einer Länge von fünf Kilometern frei zugänglich, heuer reihen sich bereits zahlreiche Lokalitäten aneinander und das an einem Strand, der wahrlich nicht zu den guten in Griechenland zählt. Und es geht weiter vorwärts!

Auf dem Pangaion Gipfel

Der Flughafen in Thessaloniki ist nur gute 45 Minuten Fahrzeit entfernt und auf den nächsten 50 Kilometern bis zum Ferienort Kavala ist noch unendlich viel Platz zum Bauen und Verunstalten!

 

Weg mit den düsteren Gedanken und auf zum Pangaion. Dieser fast 2000 Meter hohe Gebirgsstock beherrscht die Ebene von Philippi und blickt auf den Strymonischen Golf, Kavala und die Insel Thassos.

 

Vom Dorf Akrovouni schlängelt sich eine schmale Teerstraße 18 Kilometer hinauf zu einigen Schutzhütten des griechischen Alpenvereins. Von hier aus könnte man losziehen, nach 2 Kilometern auf der weiterführenden Teerstraße rechts abbiegen und auf einem Pfad bis zum Skilift in 1630 Metern Höhe gelangen. Wir nehmen das vom Frost teilweise stark „angeknabberte Teersträsslein“ in Angriff und erreichen nach 10 Kilometern die verrammelte Skihütte. Sieht nicht so aus, als wäre in letzter Zeit jemand hier gewesen, geschweige denn Ski gefahren. Ein markierter Pfad führt auf eine Hochfläche und dann suchen wir uns einen von drei Gipfeln aus. Eineinhalb Stunden dauert es und wir sind völlig allein mit einem grandiosen Rundblick bis zum Rodopen-Gebirge im Nordosten, sowie der Insel Thassos und Athos im Osten.

Keramoti Beach, mit Blick auf Thassos

Bei der Abfahrt treffen wir unsere Kuhherde wieder, durch die wir uns mühsam mit dem WOMO einen Weg bergauf bahnen mussten.

 

Zum Übernachten fahren wir nach Keramoti, dem Fährhafen zur Insel Thassos. Es herrscht großer Rummel, wie in jedem Fährhafen, aber auch wegen vieler Busladungen aus Bulgarien und Rumänien, die ein verlängertes Wochenende hier verbringen. Auf dem nach Westen zeigenden Landspitz kann man prima übernachten, entweder mit Blick nach Norden (40.857500 - 24.687778) oder, ruhiger, mit Blick auf Thassos (40.855250 - 24.688639), wenn der Fährverkehr nicht stört.

Die "Nestosschlange"

Vom Parkplatz aus (41.092759 - 24.759149) führt der Weg oberhalb der Bahnstrecke am Fluss entlang, schneidet manchmal die Schleifen ab und bietet überragende Ausblicke. Das Wasser ist klar, aber kalt und fließt gemächlich. Am Schönsten sind die ersten 5 – 7 Kilometer, dann kehren wir um. Wenn man den Zug um 8:00 Uhr von Toxotes nach Stavroupolis nähme, könnte man die ganzen 20 Kilometer zu Fuß gehen. 5 Stunden würde man schon brauchen. Beim Rückweg sehe ich ein Stück schwarzen Stocks auf dem Weg liegen, genau da, wo ich draufsteigen will. Gottseidank entschließt sich der "Stock" blitzschnell wegzukriechen - war wohl eine (ungiftige) Natter.

 

Eine reizvolle Alternative wäre auch eine Kajak-Fahrt, leider war das Unternehmen noch nicht so weit, ist ja noch Vorsaison. Im Sommer, wenn es richtig heiß ist könnte ich mir das auch mit einer Luftmatratze vorstellen, es gibt ja keinerlei Stromschnellen.

Am Strand von Mesis (40.942056 - 25.195263) finden wir einen guten Übernachtungsplatz. Nach einer Fahrt durch endlose Sonnenblumenfelder lockt das inzwischen weit über 20 Grad warme Meer.

"Klimaanlage" unter dem Fußboden?

Tags drauf erkunden wir die Küste weiter nach Osten. Viele Möglichkeiten zum Bleiben locken, aber die Zeit wird knapp. Der Strand von Agios Georgios Petrota (40.866954 - 25.607607) wäre so ein Platz. Die Schotterstraße führt weiter zu den Ausgrabungen von Mesimvria, einer Kolonie der Insel Samothrake, 40 Kilometer von der Küste entfernt.

 

Erste griechische Siedlungen soll es auf der gegenüber liegenden Insel Samothrake bereits um 700 v. Chr. gegeben haben, um den Handel mit den reichen Getreideanbaugebieten des Schwarzen Meers zu kontrollieren. Und die Siedler von Samothrake gründeten ihrerseits Kolonien auf dem fruchtbaren Festland. Zu ihnen gehörten Mesemvria, Drys, Zone, Sale, Tempyra und Charakoma. Die Geschichtsschreiber bewahrten Stillschweigen über diese Siedlungen. Nur Herodot schreibt, dass die Perser bei ihrem Marsch vom Hellespont nach Griechenland zuerst Mesemvria passierten.

 

Vermutlich handelt es sich, nach neuesten Erkenntnissen, um die Stadt Zone. Deren Hauptattraktion besteht aus zwei offenen Räumen, in deren Fußböden viele Amphoren auf dem Kopf stehen. Die Archäologen nehmen an, dass diese Hohlkörper unter dem Boden aufgestellt wurden, um den Raum vor Feuchtigkeit zu schützen. Klimaanlage von vor 2000 Jahren!

 

Ein flaches Tonobjekt mit Löchern, das gleich neben den Amphoren zu sehen ist, soll dazu gedient haben, den Most von den Trauben zu gewinnen. Hier gäbe es noch so viel auszugraben! Uns beeindruckt einfach, dass man sich gut vorstellen kann, wie alles damals ausgesehen hat. Ein echtes Highlight!

Die alte byzantinische Brücke

Tja, und dann heißt es wieder Mal Abschied nehmen: noch ein Blick auf die alte byzantinische Brücke bei Poliantho (nach der Straßenbrücke parken: 41.139209 – 25.212934, und dann 300 Meter flussaufwärts), ein kleiner Bummel durch die Altstadt von Xanthi (sehr empfehlenswert), eine Nacht noch in Keramoti und dann ab zum Flughafen Thessaloniki. Diesmal quer durchs Bergland von Chalkidiki (auch empfehlenswert). Das Wetter ist ebenso auf Abschied programmiert und vom Flughafen „Macedonia“ bin ich schnell auf der Autobahn an einem Platz am Meer kurz vor Katerini.

 

Auf dieser Autobahn wird man übrigens als Wohnmobil wieder als LKW/Bus betrachtet und dementsprechend abkassiert. Wie gesagt, es ist kühl, die Luft ist raus, ich mache mir ständig Gedanken über meine Wunde, die nicht richtig verheilen will, also fahre ich am nächsten Tag quer durchs Land nach Igoumenitsa, nächtige dort nördlich von Sagiada und mach‘ mich tags drauf auf nach Norden.

Viele Störche im Nestos Delta

Die Fahrt durchs südliche Albanien, an Saranda vorbei über den Logara Pass nach Flora ist wunderschön, aber kurvenreich. Es läuft gut über Durres nach Shkoder, eine halbe Stunde Stillstand an der Grenze zu Montenegro, dann will ich eigentlich in Molunat, knapp nach der Grenze in Kroatien stoppen, aber dann lockt mich doch der gute Wein bei Domenico in Brijesta und tatsächlich schaffe ich es noch vor Einbruch der Dunkelheit.

 

Ein Erholungstag und dann Autobahn bis zur Ausfahrt Maslenica und die Küstenstraße rauf bis Rijeka, einen Schlenker nach Istrien gemacht, und Conny, Tobi und meine Enkelin Louisa besucht und tags drauf bin ich wieder daheim.

 

Das alles ist natürlich Wahnsinn und der geht dann auch nahtlos weiter mit Tollwut-Spritzen und professioneller Wundbehandlung – darüber könnte ich auch eine Story schreiben: keine positive, was unser Gesundheitssystem betrifft. Egal, volle sieben Wochen habe ich gebraucht, um wieder ok zu sein.

 

Fazit:

 

Abgesehen vom persönlichen Pech ist Mai eine sehr gute Zeit für Griechenland. Im Norden kann es anfangs noch etwas kühl sein und Sprünge in Gebirgsbäche kosten Überwindung, aber das Meer hat schon über 20 Grad Celsius. Fürs Wandern ist es schlichtweg ideal. Im Pindus-Gebirge muss man immer mit nachmittäglichen Gewittern rechnen. Außerdem ist man ziemlich allein. Die antiken Ausgrabungsstätten liegen noch im Winterschlaf, sind aber alle zugänglich. Das Mountain-Bike, ob mit oder ohne „E“-Unterstützung unbedingt mitnehmen! Im Pindosgebirge gibt es unzählige Möglichkeiten, auch für kombinierte Touren. Das gleiche gilt für die Chalkidiki und das östliche Nordgriechenland. Die Griechen sind freundlich wie eh und je, pseudo Überwinterer mit großen Mobilen setzen sich vermehrt an den schönsten Plätzen fest und – man trifft mehr und mehr mobile Urlauber aus den osteuropäischen Ländern. Unter all diesen gibt es solche und solche, aber man sollte nie vergessen, dass wir uns als Gäste in diesem wunderschönen Land bewegen!

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