Ostern ist spät in diesem Jahr, sehr trocken und warm kommt der April daher: warum dann nach Süden fahren? Richtig, es gibt Osterferien, zwei Wochen Zeit für meine andere (schönere) Hälfte der WOMO-Besatzung, die ja noch zur Mehrung des Volksvermögens beitragen muss. Also, schnell über den Brenner und Verschnaufpau-se bei Montinelle am altbekannten Übernachtungsplatz. Die Pizzeria "Clubino" hat neue Pächter aus Sizilien bekommen und heißt jetzt "Santo Gusto" (= heiliger Ge-schmack, na ja!), aber, es schmeckt hervorragend. Der Aufwachblick auf Sirmione und den ganzen unteren Gardasee ist überwältigend und trübt unsere Sinne insofern, dass wir für über 200 € Olivenöl aus der Azienda Agricola Novello Cavazza mitnehmen. Schmeckt aber auch unvergleichlich gut! Dann sind's nur noch gute 3 Stunden bis zum Stellplatz bei Portovenere (44.059652, 9.848671).
Dieser einstige Aussichtsplatz ist zugewachsen und damit der Blick auf den Golf von La Spezia, Lerici und Tellaro "futsch", aber man kann auch etwas oberhalb im "PKW-Bereich" stehen und ein bisschen Aussicht ergattern. Im "Schlender-Modus" sind's schon gut 45 Minuten bis zur Kirche San Pietro, an der Durchfahrt zwischen der Insel Palmaria und Portovenere. Gleich ne-benan, an der Westseite lockt Lord Byron's Grotte die Touristenmassen. Zum Glück sind fast nur Eingeborene unterwegs, es ist Sonntag und die Zeit um Ostern ist Reisezeit für die Italiener. Es ist warm, aber der Kleidung der meisten Einheimischen entsprechend hat es nur gefühlte Null Grad.
Eine der schönsten Wanderungen beginnt mit einer Schiff-Fahrt nach Riomaggiore (ca. 30 min). Durch die "Haupt-straße" den überbauten Bach hoch zum Weg Nr. 3, immer hoffend, dass man durch die Massen von Amerikanern und Japanern hindurchkommt (scheint momentan "in" zu sein). Alternativ kann man auch den Bus bis zum Tunnel nehmen. Dann weiter nach oben über die Fahrstraße zum Colle del Telegrafo. Von dort führt der Weg Nr. 1 mit phantastischen Aussichten - am Ende steil - hinunter nach Portovenere. Alles gut beschildert, in 5 Stunden zu ma-chen. Anders rum geht's natürlich auch, da hat man den steilen Anstieg zuerst. 550 Höhenmeter, die Tour ist in je-dem Führer enthalten, schöner als die "Cinque-Terre-Wanderung" am Meer entlang, doch davon noch später.
Man kann normalerweise von La Spezia hoch oben über die "fünf Dörfer" nach Levanto fahren. Die Schäden der Unwetter früherer Jahre sind jedoch noch nicht beseitigt: die Straße ist immer noch gesperrt. Aber da geht doch was: runter Richtung Vernazza und dann nach rechts wieder rauf, abenteuerlich eng, natürlich offiziell gesperrt, aber es gibt Schilder zu einigen "Agriturismi" also, was soll's! Recht viel größer als unser 5,40 Meter langes und 2,65 Meter hohes "Kastenwagen"-WOMO sollte das Gefährt aber nicht sein, sonst heißt's rangieren! Und richtig: wir erreichen die gesperrte Straße an der anderen Seite.
Die Weiterfahrt durch die Berge bis Deiva Marina hat was: viele Kurven und malerische Aussichten auf die Riviera di Levante, so heißt die Küste bis Genua. Von Deiva nach Moneglia gibt's noch ein kleines "Bauchkitzeln". Die Straße führt am Meer entlang durch den ehemaligen Eisenbahn Tunnel. Ampelgesteuert, folglich ohne Gegenverkehr aber mit Schild: Maximalbreite 1,80 Meter!
Wie wir alle inzwischen wissen haben die meisten italienischen Schilder nur Empfehlungscharakter und wir negieren erneut und behalten Recht! Das Schild soll wohl nur Unwissende abhalten. Nichts ist mit Engpass!
Dafür ein wunderbarer Campingplatz, "Villagio Camping Smeraldo" (44.240889 - 9.480833), klein, aber fein und ab-solut nichts für die Hauptsaison. Aber jetzt: perfekt für ein paar Tage und die Cinque Terre, auch wenn der Fußweg nach Moneglia am Strand entlang Kletterstellen aufweist. Erreichbar ist der Platz mit dem Auto nur durch den Tunnel von Moneglia nach Riva, und der ist gesperrt für Fußgänger und Radfahrer.
Ganz hinten in östlicher Richtung, am Ende des Platzes, beginnt ein sehr steiles, mit roten Punkten markiertes Steiglein im Wald (besser nicht bei Nässe "begehen"), dem man 15 Minuten folgt, bis ein waagerechter, "normaler Pfad kreuzt, dem man nach links folgt. Nach weiteren 15 Minuten ist der Wald vorbei und es bieten sich unglaubliche Ausblicke aufs Meer. Leicht bergauf kommt man schnell an eine Weggabelung. Links geht's hinab zur Punta di Moneglia, halblinks einigermaßen auf gleicher Höhe zur Punta Baffe (262 Meter ü.M.), einem Sarazenenturm. Wir steigen geradeaus und gemächlich zum Monte Communaglia (432 Meter ü.M.) mit seinem solar-beleuchteten Kreuz, von dort weiter einigermaßen eben und dann hinauf zum Monte Moneglia (521 Meter ü.M.) mit einer Picknickbank, kurz unterm Gipfel, der eher ein Sattel ist. "Casarza Ligure" und dann gleich links nach "Riva Ligure" ist die weitere Richtung. "Da hat es sauber gebrannt letztes Jahr!" Noch eine halbe Stunde, dann erreicht man den Weg, der zurück zur großen Kreuzung führen würde. Geradeaus geht's in ein paar Minuten zum renovierten Sarazenen-Wachturm und von dort in 45 Minuten zum Bahnhof in Riva. Ein wunderschöner Ort mit einer alles verschandelnden Werft im östlichen Bereich.
Den steilen Anstieg vom Campingplatz kann man vermeiden: nahe dem Bahnhof in Moneglia führt der "Normalweg" hinauf zur Weggabelung. 5 Stunden dauert's schon, die Zugfahrt von Riva nach Moneglia dagegen nur 5 Minuten.
"Ostern ist die Zeit für Wanderungen in der Cinque Terre", denken 60 Millionen Italiener und natürlich auch Touristen von auswärts. Also tagsüber sich durch die Massen hindurchquälen? Es hat doch Vollmond, es ist "warm" in der Nacht, also auf nach Moneglia, mit dem Zug nach Riomaggiore, schön italienisch speisen und in 5 Stunden zurück nach Monterosso al Mare und den Sonnenaufgang ge-nießen. So der Plan. Hört sich doch gut an?
Beim Aussteigen gegen 21:00 Uhr in Riomaggiore trifft uns die geballte Macht von amerikanischen und japanischen "Touris". Wer hat denen gesagt, wie schön es hier eigentlich immer war? Es hätte ja nicht so sein müssen wie vor 45 Jahren, als die Cinque Terre noch Geheimtipp und fast menschenleer waren! Aber das ist zu viel!
Man hat sich angepasst, und wir gönnen es dem ehemaligen Armenhaus ja von ganzem Herzen, aber Spaß macht es keinen mehr. Die Lokale mehr auf "Abfüttern" programmiert, Italien im "Convenience-Modus" - "at it's best".
Da ist natürlich immer noch die "Via del Amore", der zauberhafte Verbindungsweg durch die Felsen über dem Meer nach Manarola, tagsüber jetzt gebührenpflichtig, nachts abgesperrt - super! "Drüber steigen, ja, wäre möglich, aber was ist am anderen Ende?" Also Zug zurück nach Manarola:
Natürlich finde ich den Weg am Meer entlang nach Corniglia nicht und wir schrauben uns höher und höher und gehen dann doch wieder zurück, finden den richtigen Weg, der nach kurzer Zeit auch gesperrt ist, wegen Steinbruchs oder Schäden aus früherer Zeit.
Der letzte Zug zurück fährt bald und wir geben auf, fahren zurück nach Moneglia, "schwarz", weil der Fahrkarten-Automat streikt, legen eine fast einstündige Erholungs- und Läuterungspause in einem Tunnel ein, ohne zu wissen warum und erreichen gegen 2 Uhr früh wieder unser WOMO. Hab' ich schon gesagt, dass es eine zauberhafte Vollmond-Nacht war?
Kleiner Tipp: Die Nachtwanderung bei Mondlicht funktioniert von Corniglia über Vernazza nach Monterosso al Mare (3 Stunden) und wenn's sein muss weiter nach Levanto (3 Stunden). Corniglia ist sicher nicht so überlaufen und vielleicht lieber in Moneglia essen gehen! Den Weg sollte man nicht verfehlen können, ahem ...
Die Riviera di Levante von Moneglia bis Genua mit so wohlklingenden Orten wie Portofino und Camoglia erkundet man besser mit dem Zug: WOMOs sind nicht unbedingt gern gesehen in dieser Region.
Das Hinterland hat auch viel zu bieten, so beispielsweise eine kleine Bergtour mit Klettereinlagen und – wenn Ausrüstung dabei – einen kleinen Klettersteig auf die Rocche di Reopasso von Crocefiescho (Parkplatz: 44.584246 - 9.023924) aus in gut 3,5 Std. hin und zurück.
Genua ist eine eigene Reise wert, wir fahren weiter über Savona bis Spotorno, wo es einen Stellplatz mit Zugang zum Meer gibt, aber man darf keinen Tisch rausstellen, Stühle schon; mal eine neue Variation von „no camping a la Italia".
Nächstes Ziel ist die Grenzregion zu Frankreich um San Remo. Man bemerkt die Nähe am Anstieg der Autobahnpreise, die bekanntermaßen dort exorbitant sind, also schnell in die Berge Richtung Baiardo. Das Navi schickt uns in eine abenteuerlich steile und enge Einbahnstraße, die natürlich auch von der anderen Seite befahren wird. Verkehrsregeln sind in Italien oft nur „Vorschläge“. Ich bin froh über unser „kleines“ WOMO.
Leider wird’s nichts mit der Wanderung auf den Monte Bignone, Nebelwolken pfeifen vom Meer herauf und ohne Sicht?
Dafür testen wir eine kleine Nebenstraße von Baiardo nach Pigna – sehr eng – aber mit grandiosen Aussichten, besichtigen Isolabona, versorgen uns dort mit „Olio extravergine di oliva da monocultivar taggiasca“ samt eingelegten Oliven und nächtigen in Dolceacqua. Nicht bekannt? Die Sehenswürdigkeit ist die Brücke, die, obwohl schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut, den Fluss Nervia in einem einzigen Bogen überspannt: die Ponte Vecchio di Dolceacqua. Claude Monet wurde 1884 durch diese Brücke zu einem Gemälde inspiriert. Er nannte sie ein »Juwel der Leichtigkeit«.
Das sich verschlechternde Wetter zwingt uns nach Norden, aber was heißt „zwingen“! Die Fahrt von Ventimiglia am Fluss Roya entlang über Frankreich zum Tunnel Tende ist landschaftlich wirklich einzigartig. Und von Cuneo ist es nicht mehr weit in die „Langhe“, dem piemontesischen Mekka der Weinliebhaber und Feinschmecker. Barolo, Barbaresco und Barbera, ein Weingut nach dem anderen, sanfte Hügel mit vielen Wandermöglichkeiten und Stellplätzen. Allerdings, alles hat hier seinen Preis und nicht nur mir erscheinen diese Preise erheblich überhöht.
Vom Ort Barolo führt eine Pflichtwanderung nach Monforte, den Rückweg kann man über Novello verlängern, dann werden es aber gute fünf Stunden reine Gehzeit.
Nach ein paar fantastischen, kulinarisch exorbitanten Tagen übernachten wir auf der Heimfahrt noch in der Stradivari-Stadt Cremona und gondeln am nächsten Tag gemütlich am Lago d‘ Iseo entlang, über den Passo Tonale, zurück ins Basislager.