Langzeitauszeit Brijesta und Bosnien/Herzegowina
Der Winter war nix, März und April waren als erste Frühjahrsmonate auch nicht zu gebrauchen, also Anruf bei Meggie&Uwe: fertigmachen für Brijesta!
30. April, beide erscheinen pünktlich in der Früh‘ in Regensburg mit ihrem „Robel“ und 434 Kilometer später klarieren wir in Venzone auf dem Parkplatz ein - in einer anderen Welt! Italienisches Flair, friulianische Küche und ein Uwe, der sich „stante pede“ einen Fremdkörper in seine Ferse trat - so kann Urlaub beginnen.
Wobei, Urlaub habe ich ja noch nie gehabt, höchstens Ferien, aber seitdem ich pensioniert bin, hatte ich weder das eine noch das andere! Am nächsten Tag Stopp bei Ivan, Camping Jaz in Starigrad/Paklenica, erste Bekanntschaft mit dem Meer machen und die Autobahn verschmähen auf dem Landweg nach Knin.
Obligatorisch das „Verfahren“ auf der einspurigen Straße ohne Wegweiser, die Navis haben diese Strecke sowieso nicht drauf, und dennoch die Quelle der Krka finden, auf die der „Slap Krcic“ hinunterregnet. Wir beenden den Tag bei Blato na Cetini, am gleichnamigen Flussufer, frei stehend auf dem Gelände des hiesigen Kanuvereins.
Und am nächsten Tag sind wir schon im Camp Brijesta bei Dominik, und beziehen Mandarinenplatz und Stellplatz Nr. 3, nicht ahnend, dass wir hier bis zum 14. Juli festsitzen werden.
So lang habe ich es noch nie an einem Platz ausgehalten, aber die Tage vergehen mit Bike-Touren, Plantschen im immer wärmer werdenden Wasser, Kajak- und SUP-Fahren, wobei mein in die Jahre gekommenes SUP aus dem Leim geht und leider entsorgt werden muss. Eine weitere Übung findet immer abends statt: gemeinsames Sonnenuntergangs-Starren mit paralleler Dingac-Verkostung um den berüchtigten Gesprächsrunden unserer ostdeutschen Schwestern und Brüder zu entgehen, die sich mit ihren immer wiederkehrenden Stories an Dominik schadlos halten.
Wir schaffen es, den zugewachsenen Aufstieg zum Hausberg von Brijesta zu finden - immerhin 160 Höhenmeter - entdecken die neue Feuerschneise auf der anderen Seite, parallel zur Stichstraße nach Luka Dubrava und wiederentdecken die altbekannten Routen von Crikvice hinauf nach Kuna, zum Kirchlein von Sveti Nikola, durchqueren den Dingac-Tunnel bei Potomje, streifen Trstenik und Baden hüllenlos in der Zauberbucht von Zuljana.
Und entdecken wieder eine neue Tour: von Tomislavovac auf steiler Schotterstraße hinauf bis sich der Blick ergibt auf das Mare Nostrum und die Insel Mljet - fantastisch. Beim nächsten Mal, hab ich mir geschworen, fahre ich dann hinab bis ans Meer.
Als negatives Highlight musste ich den Crash meiner Drohne (selbstverschuldet) verkraften, inzwischen ist sie repariert und fliegt wieder. Was war noch, ah ja, Uwes Provisorium erforderte einige Fahrten nach Neum in Bosnien/Herzegowina, zum Glück nur ein paar Kilometer entfernt und Einkaufsfahrten nach Opuzen und zum Lidl.
Mitte Juni erreichen uns die Wagers und gemeinsam lassen wir Meggie&Uwe schmählich im Stich und machen uns auf den Weg nach Kravica in der Herzegowina, wo wir nach den üblichen Irrfahrten den Campingplatz finden.
Ein Wasserfallgeflecht im Naturpark mit diversen Erwachsenen-Belustigungen und einem Stellplatz am Unterlauf der Fälle, direkt neben der 20 Grad „warmen“ Kravica, bei 35° unglaublich erfrischend. Man kann mit dem Mietboot oder dem eigenen SUP bzw. Kajak ein Stück flussabwärts bis zu einem Stauwehr paddeln oder einfach faul sein und abends, wenn die Besuchermeute verschwunden ist, die Fälle von einer der Konobas aus genießen.
Bosnien, und in diesem Fall die Herzegowina sind noch einigermaßen verschont geblieben vom Massentourismus, was sich deutlich in den gemäßigten Preisen widerspiegelt. Ein wunderbares Land mit unendlich vielen Flüssen und Stauseen, hohen Bergen und Hochebenen mit freilaufenden Pferden, an die Mongolei erinnernd. Die Bosniaken, zurückhaltend und freundlich, stets gesprächsbereit, anders als die kühlen Kroaten, die oft den Eindruck machen, als würden sie zum Lachen in den Keller gehen Nnatürlich keine Verallgemeinerung, alles nur subjektive Eindrücke.
Abert auch Bosnien hat eine Kehrseite:
Ein großer Teil nennt sich Republika Srbska. Diese Republika Srpska, kurz RS bzw. serbisch-kyrillisch РС, ist neben der Föderation Bosnien und Herzegowina eine der beiden Entitäten von Bosnien und Herzegowina. Die Republika Srpska ist mehrheitlich von bosnischen Serben bewohnt und besitzt ein eigenes politisches System mit unabhängiger Legislative, Exekutive und Judikative.
Die Hauptstadt der RS ist laut der Verfassung die Stadt Sarajevo, die selbst nicht in der Republika Srpska liegt. Regierungssitz ist seit 1998 die Stadt Banja Luka, der administrative, wirtschaftliche und kulturelle Hauptort mit fast 250.000 Einwohnern.
Die Republika Srpska existiert seit dem von 1992 bis 1995 dauernden Bosnienkrieg parallel zur benachbarten Republik Serbien. Das Gebiet war Schauplatz von Kriegsverbrechen, darunter das Massaker von Srebrenica.
Seit einiger Zeit gibt es in der RS verstärkte Bestrebungen, sich von Bosnien-Herzegowina abzuspalten. Im Dezember 2021 beschloss das Parlament, sich vom Justiz- und Steuersystem sowie von der Armee von Bosnien und Herzegowina abzukoppeln. Im Juni 2024 wurde in Belgrad auf einer von Aleksandar Vučić und Milorad Dodik einberufenen „Allserbischen Versammlung“ eine „Deklaration zum Schutz der nationalen und politischen Rechte und der gemeinsamen Zukunft des serbischen Volkes“ verabschiedet, was mit der Ausrichtung auf eine „Serbische Welt“ („Srpski Svet“) eine Kampfansage an die bestehende Friedensordnung auf dem Balkan darstellt.
Persönliche Begegnungen mit den bosnischen Serben verliefen oft weniger freundlich als in den anderen Landesteilen.
Zurück zur Reiseroute:
Bei Buna ergießt sich der gleichnamige Fluss, der nur knapp 10 Kilometer Länge erreicht, in die Neretva, spektakulär auf einer Breite von einigen hundert Metern. Er entspringt fotogen beim islamischen Kloster Tekija Blagaj und erfrischt mit seinem nur 10° kühlem Wasser recht ordentlich.
Um Mostar nehmen wir bei 40° Celsius die Umgehungsstraße, überlassen die Brückenspringer den tapferen, hitzeunempfindlichen Pauschal-Touristen, die von überall herangekarrt werden und folgen dem Lauf der Neretva bis zum Jablanicko Jezero (=See). Ein Gebiet, das sich bereits dem Joch des Massentourismus untergeordnet hat, mit allen negativen Begleiterscheinungen.
Also weiter zum schon vor zwei Jahren besuchten Ramsko Jezero. Hier gibt's noch Bosnien pur, obwohl sich schon einige Plätze an dem 1968 entstandenen Stau des Flusses Rama angesiedelt haben. Unser Stellplatz ist noch eine wahre Oase. Ein eigenes kleines Plantschbecken, der See in fußläufiger Entfernung, umrahmt von den Bergen einer 1100 Meter hohen Hochebene bietet unser Camp diverse Möglichkeiten für Mountainbikes mit und ohne Motor. Das Wasser ist angenehm warm und wer früh aufsteht, kann den Ringelnattern bei der Jagd auf Frösche zusehen.
Es ist Zeit aufzubrechen: über das Hochplateau nach Jajce quere ich die Grenze nach Kroatien und treffe Marianne&Dieter im Camp Zelen Gaj an der Save. Eine interessante Auenlandschaft, versteckt und aus der Zeit gefallen mit vielen alten Holzhäusern.
Die beiden warten hier auf Dieters Pass, sein Personalausweis war nämlich längst abgelaufen und die Bosniaken haben ihn nicht einreisen lassen. Mir wird die Warterei bereits nach einem Abend - alkoholbedingt - zu viel und ich steuere meine Hochsommerauszeit in Regensburg an.